Das grosse Schnüffeln – in der Trüffelszene herrscht Unruhe 

Von | Juli 28, 2024

Italien ist das Eldorado für Trüffel-Liebhaber, die weltweite Nachfrage ist riesig. Doch die Knolle kommt in der Natur immer seltener vor. Auf Jagd in einer Welt voller Hochgenuss und Schwindel.

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… Um ein grosser Trüffeljäger zu werden, brauche man einen grossartigen Hund, sagt der 38-Jährige und lässt sich vom ausgelassenen Argo die Nase ablecken. Seinen Marktwert taxiert er auf 30’000 Euro, was wohl etwas hoch gegriffen ist. Mit seinem Bruder Andrea hat Filosi in Monteleone d’Orvieto im mittelitalienischen Umbrien 2016 das Start-up Seven gegründet. Die Erfolgsformel des Trüffelgeschäfts definiert er so: 33 Prozent gehen auf sein Konto, 33 Prozent gebühren dem Hund, 33 Prozent machen die natürlichen Gegebenheiten des Ortes aus. Ein Prozent ist Glück. Mit im Spiel: eine Menge Adrenalin.

Offizielle Zahlen über den Trüffelmarkt gibt es nicht. Produktion, Umsatz, gemeldete Sucher? Im italienischen Landwirtschaftsministerium, bei den Kontrollbehörden, bei der Forstpolizei – überall winkt man ab. Das Statistikamt Istat erfasst Trüffeln zusammen mit anderen Pilzen als eine Kategorie.

Frankreich und Spanien haben aufgeholt

Italien bleibt das internationale Drehkreuz der Trüffeln. Auch wenn es seine Führungsrolle als Produktionsland an Spanien und Frankreich abgegeben hat, weil die schwarzen Trüffelsorten dort nun in grossem Stil kultiviert werden. Klar ist aber auch: Das Geschäft mit dem Pilz ist kaum zu überwachen.

In Perugia leitet Angela Savino die Abteilung zur Betrugsbekämpfung im Agrarministerium. Seit fünf Jahren beobachtet die Chemikerin wachsende Importe ausländischer Trüffeln. Erst kam die Schmuggelware vornehmlich aus China, nun aus Osteuropa. Unter dem Labormikroskop ist die chinesische Herkunft einfach nachzuweisen, denn die nahezu geschmacklosen Pilze aus Fernost gehören keiner der in Italien wachsenden Arten an. Bei Trüffeln aus Bulgarien oder Rumänien gelingt das nicht. «Die osteuropäischen Trüffeln sind aber meist weniger wertvoll, denn das Aroma erhält der Pilz von den Pflanzen, mit denen er in Symbiose gelebt hat», sagt Savino.

Ab und zu gelingt es der Forstpolizei, illegale Importe abzufangen. Auf einer Autobahnraststätte bei Avezzano in den Abruzzen beschlagnahmten Carabinieri am 28. Juli 2,2 Tonnen Sommertrüffeln aus Bulgarien und Rumänien. Marktwert: 170’000 Euro. Die Ware war ohne die vorgeschriebenen Herkunftsnachweise zu einem verarbeitenden Unternehmen unterwegs.

An der Branchenspitze trifft man auf Olga Urbani, die grösste Trüffelhändlerin der Welt. Es ist Mittag an einem sonnigen Dezembertag. Die elegante Frau sitzt in einem gläsernen Kasten neben dem Bürogebäude am Frontcooking-Tresen ihres Firmenrestaurants und isst eine Schüssel Blattsalat. Urbani beherrscht mehr als 60 Prozent des globalen Marktes. 2023 kaufte sie 270 Tonnen Trüffeln ein, viermal so viel wie ihr grösster Konkurrent. 40 Prozent kommen aus Italien, 60 Prozent aus dem europäischen Ausland. Jahresumsatz: 90 Millionen Euro.

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